Prof. Dr. Ralph M. Wrobel Experte für Wirtschaft + Politik + Geschichte
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2012 - Studienfahrt

REISEBERICHT

Märchenschlösser und Residenzen in Oberschlesien

Studienfahrt vom 9. bis 16. September 2012


Ein Erzbischof als Referent, Traumschlösser mit Originaleinrichtung aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, die neusten Ergebnisse der Renovierungsarbeiten und verwunschene Ruinen, das waren die Höhepunkte der einmaligen Studienfahrt, welche von Andreas Smarzly und Peof. Dr. Ralph Wrobel diesen September nach Oberschlesien durchgeführt wurde. Auf hohem wissenschaftlichem Niveau wurde den Teilnehmern die gesamte Geschichte und Kultur Oberschlesiens nahe gebracht. Sie besichtigten Märchenschlösser der Adeligen und Magnaten des Landes sowie die Residenzen der Piastenherzöge und Breslauer Fürstbischöfe.

Bischof a. D. Alfons Nossol in Groß-Stein

Das anspruchsvolle Programm begann gleich am Anreisetag mit einer Führung durch Schloss Groß-Stein, wo die Reiseteilnehmer auch ihre dem Thema der Reise entsprechende Unterkunft hatten. In seiner charmanten Weise erläuterte der ehemalige Erzbischof von Oppeln, Dr. Alfons Nossol, den Teilnehmern sowohl die Geschichte des mit dem heiligen Hyazinth verbundenen Schlosses, sondern auch die mühselige Renovierungsarbeit unter seiner Leitung. Am Abend gab zudem Prof. Dr. Ralph Wrobel eine mit vielen Bildern illustrierte historische Einführung in das Thema der Reise.

 

Bei den Rundfahrten durch Oberschlesien wurden zunächst die Sitze der wichtigsten Magnatenfamilien besucht. Dabei überzeugte insbesondere das geschmackvoll renovierte Schloss Plawniowitz der durch die oberschlesische Montanindustrie sehr reich gewordenen Familie Ballestrem. Hier hielt Pfarrer und Schlossdirektor Dr. Worbs selber die Führung. Da das pompöse Henckel von Donnersmarck'sche Schloss in Neudeck zerstört ist, fuhr die Reisegesellschaft danach die Zweitresidenz dieser Familie in Alt-Tarnowitz an. Nach erster Begeisterung über die schöne Renovierung der ehemaligen Ruine, überwog jedoch eher Skepsis bezüglich der zusammengewürfelten Inneneinrichtung mit zwar teuren aber nicht immer passenden Antiquitäten. Der Nachmittag war dann der Familie Gaschin und dem Annaberg gewidmet. Graf Melchior Ferdinand von Gaschin hatte hier die ersten Franziskaner 1655 angesiedelt und damit der Gegenreformation in Oberschlesien einen neuen Schub gegeben. Sein benachbartes Schloss verfällt jedoch immer weiter zur Ruine.

 

Die Fürstbischöflichen Residenzen im Neisser Bistumsland konnten mit den Schlössern des ober-schlesischen Adels vollkommen mithalten. So wurden an einem weiteren Tag der fürstbischöfliche Palast in Neisse, die Schatzkammer der dortigen St. Jacobuskirche und die alte Bischofsburg in Ott-machau besucht. Höhepunkt dieses Tages war aber vielleicht doch die Besichtigung der bischöflichen Sommerresidenz Johannisberg in Jauernig. Nachdem Kardinal Bertram, der letzte Fürstbischof von Breslau, hier nach Kriegsende verstorben war, wurde das Schloss von der tschechischen katholischen Kirche übernommen und weiter genutzt. So konnte den Reiseteilnehmern eine historisch möblierte und erst seit etwa 30 Jahren zum Museum umfunktionierte Anlage präsentiert werden. Doch das heute zur Tschechischen Republik gehörige Oberschlesien bietet noch mehr Traumschlösser: Während in Deutsch-Krawarn der Familie von Eichendorff gedacht wird, die hier von 1643 bis 1782 ihren Stammsitz hatte, konnte in Radun das Schloss der Grafen von Blücher mit teilweise originaler Innenausstattung besichtigt werden. Von der Größe, der architektonischen Vielseitigkeit und der vollständig originalen Inneneinrichtung her überzeugte jedoch das den Fürsten von Lichnovski gehörige Schloss Grätz am meisten.

Schloss Pless - Inneneinrichtung

Süd- und Ostoberschlesien begrüßte die Reiseteilnehmer zwar mit strömendem Regen, aber weiteren Höhepunkten der Reise. So konnte im Schloss Pless die vollständige und unendlich reiche Inneneinrichtung der Familie Hochberg-Pless besichtigt werden. Hinzu kamen die Räume, welche Kaiser Wilhelm II. während des ersten Weltkrieges hier bewohnt hatte, und eine Ausstellung zur „Diana der Jahrhundertwende", Fürstin Daisy von Hochberg-Pless. Einen eher sakralen Charakter hatte hingegen das ehemalige Schloss der Fürsten von Ratibor in Rauden. Diese Schlossanlage wird seit einigen Jahren baulich wieder in den Zustand vor der Säkularisation zurückversetzt, denn Rauden war bis 1810 das wichtigste Zisterzienserkloster Oberschlesiens. Nach dieser interessanten Tour konnten die Reiseteilnehmer zudem in einem weiteren, sehr schön renovierten Schloss in Wiegschütz bei Cosel zu Abend essen.

 

Mit Sonnenschein begrüßte dann die Schlossruine in Lubowitz am kommenden Tag die Teilnehmer dieser thematisch orientierten Studienfahrt. Nachdem der Geschäftsführer des dortigen Eichendorff-Zentrums Paul Ryborsz in die Geschichte und Bedeutung des Ortes eingeführt hatte, konnten die Reiseteilnehmer zuerst die Ruine von Schloss Lubowitz erkunden, bevor sie die Eichendorff-Mühle im benachbarten Bresnitz rauschen hören durften. Freiherr Joseph von Eichendorff war mit einem Lied immer dabei! Eine Überraschung brachte daraufhin das fast vollständig renovierte Schloss in Ratibor, wo in wenigen Jahren aus einer Ruine ein elegantes Konferenzzentrum und Museum entstanden ist. Trauer erfasste die Reiseteilnehmer hingegen beim Besuch des immer weiter verfallenden Schlosses in Oberglogau, das die Stadt seit Jahren vom Privatbesitzer zurückzuerhalten versucht. Das gegenreformatorisch inspirierte Sanktuarium des Georg III. von Oppersdorff in Oberglogau, bestehend aus heiligem Grab, Minoritenkloster, Klosterkirche mit Lorettokapelle und der Oppersdorff'schen Grabkapelle in der Pfarrkirche erfreute die Reisenden hingegen durch die umfassende Renovierung und den barocken Glanz des 17. Jahrhunderts.

                Die Veranstalter in Lubowitz (l.) und die Gruppe im Schloss Oberglogau (r.)

Historisch am ältesten, auf der Reise jedoch am Ende, wurden die Reste der Piastenburgen in Oppeln besucht. Leider ließ sich der Piastenturm auf der Oderinsel wegen Renovierungsarbeiten nicht besteigen. Dafür kamen die Teilnehmer der Studienfahrt in die Grüfte unter der Minoritenkirche und in die dortige Piastenkapelle, so dass sie auch die Geschichte dieses Herzogsgeschlechts erleben konnten. Im Anschluss an die Führung in Oppeln fuhr die Reisegesellschaft weiter über die Schlösser Falkenberg, Tillowitz und Friedland nach Moschen, wo die Magnatenresidenz der Familie Tiele-Winckler besucht wurde. Neben dem Schloss im Stil eines Disneylands aus der Jahrhundertwende präsentierte Prof. Dr. Wrobel den Reiseteilnehmern auch noch die älteste Burg der Fahrt, einen slawischen Burghügel, Kopietz genannt, aus dem 5. bis 8. nachchristlichen Jahrhundert. Am Abend besichtigten die Reisegäste dann noch kurz das Schlosshotel in Sakrau, wo der Besitzer, Herr Siegmund Dramsfeld, die Geschichte von Schloss und Hotel erläuterte. Hier fand auch das Abschiedsessen der Reise statt. Die interessante thematische Orientierung, das hochkarätige Programm und die gute Organisation der Reise überzeugten die Reiseteilnehmer vollkommen. Die Veranstalter werden deshalb auch im kommenden Jahr wieder nach Oberschlesien fahren, um Land und Leute, Kultur und Geschichte einem interessierten Publikum nahe zu bringen.

 

 

Quelle: Zeitschrift "Oberschlesien", November 2012, S. 20 - 21.

 

Fotos: R. Wrobel

Bericht Studienfahrt 2012 - Seite 1 (als JPEG)
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Bericht Studienfahrt 2012 - Seite 2 (als JPEG)
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